Proverbs 18

Der abgesonderte Tor

„Wer sich absondert“ (Spr 18:1) ist wörtlich „jemand, der sich trennt oder isoliert“. Durch seine Selbstsucht und seinen Egoismus ist er ein Feind jeder Form von Freundschaft. Jeder, den er eigentlich anhören sollte, hindert ihn bei seiner Jagd nach der Erfüllung seines eigenen „Gelüsts“. Das Einzige, dem er seine ganze Aufmerksamkeit widmet, ist das, was ihm Spaß macht. Deshalb will er nichts von irgendeiner Art von Weisheit wissen, denn das konfrontiert ihn mit einem höheren Sinn des Lebens.

Wenn ihm etwas darüber gesagt wird, entweder von Gott aus seinem Wort, wenn er es hört, oder von einem Menschen, der ihn auf etwas hinweisen will, den „geht er heftig an“. Er ist wie die abtrünnigen Juden, von denen geschrieben steht, dass sie Gott nicht gefallen und gegen alle Menschen sind (1Thes 2:15). Seine ganze Haltung zeigt, dass er zu denen gehört, „die sich absondern, natürliche Menschen, die den Geist nicht haben“ (Jud 1:19).

Es gibt jedoch eine Absonderung oder Trennung, die Gott in seinem Wort von uns verlangt. Dies ist eine Absonderung von der Sünde und von den Menschen, die in der Sünde leben, und von denen, die die Sünde bei anderen akzeptieren und sich nicht davon distanzieren (2Tim 2:19-21; 2Kor 6:14-17; Heb 13:13; 2Joh 1:7-11).

Spr 18:2 schließt an Spr 18:1 an. Wer heftig gegen alle Einsicht angeht, zeigt, dass er „ein Tor“ ist, jemand, der von Natur aus „kein Gefallen an Verständnis“ hat. Am meisten Spaß macht es ihm, seine Meinung zu äußern und damit sein Herz zu „offenbaren“. Er verabscheut Verständnis, genießt es aber, seine eigenen törichten Einsichten zu Gehör zu bringen. Durch das, was er sagt, offenbart oder verrät er, was in seinem Herzen ist. Eine solche Person stellt Fragen, um zu zeigen, wie schlau sie ist – zumindest denkt sie das von sich selbst –, anstatt Unterweisung von anderen annehmen zu wollen. Er hat eine vorgefertigte, unumkehrbare Meinung und lässt sie hören.

Wir finden diese Toren in den Tagen des Herrn Jesus unter den religiösen Führern. Sie können sich nicht mit den Ansichten anfreunden, die Christus geben will, und gehen sogar heftig dagegen an. Sie wollen nur ihren eigenen Ansichten Luft machen und dafür bewundert werden.

Der Gottlose und was ihn begleitet

„Wenn ein Gottloser kommt“, wohin immer es auch sein mag, folgen ihm in seinem Kielwasser seine unvermeidlichen Kameraden „Verachtung“, „Schande“ und „Schmähung“. Verachtung kommt mit, weil der Gottlose den Gerechten immer mit Verachtung betrachten wird, um ihn dann mit Schande und Schmähung zu überschütten. Dazu wird er immer etwas bei ihm finden, entweder in seinem Umfeld oder in seiner Lebensweise.

Diese Vorgehensweise gehört zum Gottlosen, sie ist seine Natur. Für ihn hat Gott keinerlei Bedeutung und nicht den geringsten Wert. Die Warnung lautet, vor dem Gottlosen auf der Hut zu sein, denn in seiner Gesellschaft gibt es Verachtung, Schande und Schmähung, die er in seiner Rede und seinem Verhalten über andere ausgießt.

Tiefe Wasser und ein sprudelnder Bach

Der „Mann“ ist hier ein weiser Mann. Sein „Mund“ wird mit einem Ort verglichen, aus dem das Wasser heraussprudelt und seine „Worte“ werden mit diesem Wasser verglichen. Was er sagt, sind einfache Worte, aber sie haben eine tiefe Bedeutung. Die Worte sind nicht nur tiefgründig, sondern sie versiegen auch nie und enthalten immer Weisheit, weil sie aus „einer Quelle der Weisheit“ kommen. Die Worte eines Mannes, die aus der Quelle der Gedanken Gottes kommen, sind tief und sprudelnd zugleich. Das weist auf die Tiefe und Breite der Weisheit hin.

Die Weisheit ist tief (Hiob 28:12-28), sie ist in Gott (Röm 11:33). Es ist eine große Gnade, dass Gott uns seine Gedanken der Weisheit mitgeteilt hat. Er hat dies in seinem Wort und durch seinen Geist getan. Durch seinen Geist können wir jetzt die Tiefen Gottes erkennen: „uns aber hat Gott es offenbart durch seinen Geist, denn der Geist erforscht alles, auch die Tiefen Gottes“ (1Kor 2:10). Weisheit ist kein Ozean, sondern eine Quelle, aus der ein Strom kommt, der überfließt. Diese Quelle ist der Herr Jesus.

Mose spricht von „Wasserbächen, Quellen und Gewässern“ (5Mo 8:7) als Segnungen des verheißenen Landes. In der geistlichen Anwendung können wir an den Segen des ewigen Lebens denken. Der Herr Jesus sprach darüber, als Er zu der samaritanischen Frau sagte: „Das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle Wassers werden, das ins ewige Leben quillt“ (Joh 4:14).

Kein Ansehen der Person im Gericht

In einer Welt, in der Satan Gott und Fürst ist, geschieht es, dass ein Gottloser begünstigt wird und dass das Recht des Gerechten vor Gericht gebeugt wird. Parteilichkeit kann eine Rolle spielen, wenn der Gottlose ein Reicher oder ein Familienmitglied ist oder jemand, der durch Ansehen Einfluss hat. Bei dem Gerechten kann es sich um jemand handeln, der auf das Böse hingewiesen hat, wie Elia oder Johannes der Täufer. Gott verabscheut diese Vorgehensweise. Er will, dass ehrlich Recht gesprochen wird (2Chr 19:7; Mal 2:9). Es ist verwerflich, das Recht eines Gerechten zu beugen, ihm also sein Recht zu verwehren und zu entziehen.

Dies ist nicht nur ein Justizirrtum, ein falsches Gerichtsurteil, das sich im Freispruch eines Gottlosen zeigt, der hätte verurteilt werden sollen. Es geht nicht so sehr um das Ergebnis, sondern um das Motiv. Dieses Motiv ist die Begünstigung, die Parteilichkeit (vgl. 1Tim 5:21). Es ist ein Urteil, indem man die Person ansieht. Das gilt nicht nur für die Richterbank, sondern für alle Fälle. Jakobus wendet es auf den Umgang der Gläubigen untereinander an (Jak 2:1-9). Der Herr Jesus warnt: „Richtet nicht nach dem Schein, sondern richtet ein gerechtes Gericht!“ (Joh 7:24).

Die Worte eines Toren und eines Ohrenbläsers

Törichte Menschen bringen sich selbst durch ihr Reden in Schwierigkeiten (Spr 18:6). Was „ein Tor“ ruft, führt zu „Streit“. Seine Sprache ist aufrührerisch oder beleidigend. Deshalb ruft er mit seinem Reden „nach Schlägen“, nach Bestrafung. Durch sein Reden lädt er Schuld auf sich. Nicht nur falsche Handlungen müssen bestraft werden, sondern auch falsche Worte. Falsche Taten und Worte schaden und übervorteilen andere.

Dafür verdient er Strafe. Diese Strafe kann ihm zum Beispiel von seinen Eltern, von seinem Chef oder von einem Richter auferlegt werden. Es kann auch sein, dass er von Gott gezüchtigt wird, denn er ruft auch Gottes Gericht über sich selbst herab.

Spr 18:7 ist die Fortsetzung von Spr 18:6 und geht einen Schritt weiter. Es sind nicht nur Schläge mit dem verbunden, was er sagt, sondern damit bewirkt er auch seinen eigenen „Untergang“ (Pred 10:12). Die Worte, die er mit seinen Lippen spricht, sind „der Fallstrick seiner Seele“, sie richten sich gegen sein Leben. Er verstrickt sich in seinen Worten, ist darin gefangen und kommt um. Alles, was ein Tor sagt, auch um sich zu verteidigen, führt seinen Untergang herbei. Sein Reden ist für Gott der Beweis seiner gerechten Verurteilung.

In Spr 18:8 geht es nicht so sehr um die Lippen und den Mund des Toren, sondern um die, die ihm ihr Ohr leihen. Der Tor ist auch der Ohrenbläser, der Klatsch und Tratsch verbreitet. Die Leute hören gern Klatsch und Tratsch. Sie sind „wie Leckerbissen“, also Nahrung, die gierig verschlungen wird. Wenn solche „Leckerbissen“ hinuntergleiten, füllen sie ihr ganzes „Innerstes“, bis in dessen verborgenste Ecken, und verlangen nach mehr.

Das Innerste funktioniert wie ein Abstellraum, wo die Dinge aufbewahrt werden, um sie später wieder hervorzuholen. Wir haben schon einmal gesehen, dass der Zuhörer dem Klatschmaul hilft, indem er seinem Klatsch zuhört. Seine Worte werden ohne Nachdenken aufgesogen und versinken im tiefsten Inneren, wo sie jemand krank machen und Geist und Seele verderben, bis der Tod folgt. Die „Tratschtante“ spricht mit glatten „Milchworten“, mit Worten die „geschmeidiger sind … als Öl, aber sie sind gezogene Schwerter“ (Ps 55:22), sie haben eine tödliche Wirkung und töten alle Reste eines gesunden geistlichen Lebens, das eventuell noch vorhanden war.

Faulheit verdirbt

In früheren Sprüchen über die Faulheit ging es darum, eigene Aktivitäten zu vernachlässigen, was zur Armut führt. Hier geht es um eine Person, die für einen anderen arbeitet, dies aber nicht mit Hingabe tut. „Wer sich lässig zeigt in seiner Arbeit“ lässt seine Hände schlaff im Schoß liegen. Er ist inaktiv. Er ist nicht besser als der, der aktiv versucht, ein Werk zu zerstören. Beide sind Familienmitglieder „des Verderbers“; sie haben gleichsam dieselbe „Blutgruppe“ wie der Teufel. In einem Fall wird die Arbeit nicht zum Abschluss gebracht, im anderen Fall wird sie, wenn sie getan ist, verwüstet.

Das können wir auf das Werk für den Herrn anwenden. Der faule Knecht ist für das Reich Gottes genauso schädlich wie der verschwenderische Knecht (Mt 25:24-26; Lk 16:1). Wenn wir nachlässig im treuen Dienst für den Herrn sind, stehen wir seinem Werk im Weg. Was jemand nicht tut, kann genauso schädlich sein wie das, was er absichtlich schlecht macht. Der Herr Jesus sagt: „Wer nicht mit mir sammelt, zerstreut“ (Mt 12:30).

Wahre Sicherheit und Scheinsicherheit

Dass „der Name des HERRN … ein starker Turm“ ist, bedeutet, dass Gott völlig in der Lage ist, die zu beschützen, die Ihm vertrauen (Spr 18:10; vgl. Ps 71:3). Der Gerechte braucht das, weil er in einer Welt lebt, in der die Gottlosen das Sagen haben. Der Gerechte glaubt, dass seine einzige Sicherheit der Name des HERRN ist und „läuft“ deshalb „dahin“.

Eine der Eigenschaften Gottes ist, dass Er durch seine Macht Schutz gibt, was hier bildlich ausgedrückt wird. Das Wort „läuft“ beschreibt das grenzenlose Vertrauen in diesen Schutz. Wir nehmen zu diesem Namen Zuflucht, wenn wir in Not oder in Ungewissheit sind und dann zu Ihm beten (Jes 50:10). Wir tun das, weil wir wissen, dass Er uns empfangen und den Schutz bieten wird, den Er denen verspricht, die Ihm vertrauen.

Das Wort „Sicherheit“ ist im Holländischen mit sichere Festung übersetzt. Da geht es um einen militärischen Begriff, der die Hilfe für die betont, die zu diesem Namen Zuflucht nehmen (vgl. Ps 20:2). Die sichere Festung ist auch eine hohe Festung. Der Gerechte befindet sich hinter starken Mauern, so dass feindliche Waffen ihm nichts anhaben können. Er steht auch auf einer hohen Mauer und steht daher sozusagen über den Angriffen, so dass die feindlichen Waffen ihn nicht erreichen können. Der Feind kann nicht durch diese Mauern kommen, noch kann er sie erklimmen.

Reiche Menschen gehen oft davon aus, dass ihr Vermögen ihre „feste Stadt“ ist, die ihnen Sicherheit bietet (Spr 18:11; vgl. Hiob 31:24). Damit bauen sie ihre eigene „hochragende Mauer“ der Sicherheit. Aber ihr Vertrauen darauf ist eine Illusion. Diese Scheinsicherheit steht im Widerspruch zu der wirklichen Sicherheit, die der Name Gottes bietet (Spr 18:10). Der Reiche erwartet von seinem Reichtum, was der Gerechte von seinem Gott erwartet. Das erste Bild, die feste Stadt, lässt an Schutz vor allen äußeren Angriffen denken; das zweite Bild, die hochragende Mauer, drückt den Gedanken aus, dass man sie nicht überwinden kann.

Jeder Schutz, den Reichtum bieten kann, ist sehr begrenzt, sowohl in Bezug auf seine Stärke als auch auf seine Haltbarkeit. Geld kann niemals absolute Sicherheit garantieren, im Gegensatz zum Namen Gottes, der das sehr wohl kann: „Den Reichen in dem gegenwärtigen Zeitlauf gebiete, nicht hochmütig zu sein noch auf die Ungewissheit des Reichtums Hoffnung zu setzen, sondern auf Gott, der uns alles reichlich darreicht zum Genuss“ (1Tim 6:17). Jeder, der glaubt, dass Geld absolute Sicherheit bietet, ist ein echter Träumer, ein Mensch, der außerhalb der Realität des Lebens steht.

Der reiche Mann von Spr 18:11 ist der stolze Mann von Spr 18:12, der Mann, dessen „Herz … überheblich“ ist. Sein Weg endet im „Sturz“. Der Weg, der zur „Ehre“ führt, ist der Weg der „Demut“.

Der Hochmütige findet alle Sicherheit in sich selbst. Er rühmt seine eigenen Möglichkeiten, sich selbst zu schützen. Es ist die Scheinsicherheit, niemanden zu brauchen und für sich selbst aufkommen und sorgen zu können. Aber eins ist sicher, er wird stürzen und zugrundegehen. Es gibt keinen Schutz für ihn.

Demgegenüber steht die „Demut“, das Bewusstsein, es nicht aus eigener Kraft tun zu können, sondern von Gott abhängig zu sein. Der Demütige wird zu dem Namen Gottes Zuflucht nehmen und von Ihm dafür geehrt werden. Die Erniedrigung und Verherrlichung des Herrn Jesus ist das klare Beispiel für diese Wahrheit (Jes 52:13-15; Jes 53:1-12; Phil 2:5-10). Darin ist er ein Vorbild für alle, die Ihm auf diese Weise folgen (Mt 23:12).

Erst anhören, dann antworten

Die Wahrheit dieses Verses ist wichtig für alles, was uns in einem Gespräch oder einer Diskussion gesagt wird. Zuerst müssen wir uns den ganzen Sachverhalt anhören, jemanden ausreden lassen und erst dann reagieren. Es führt zu „Narrheit und Schande“, wenn wir antworten, wenn wir nur die Hälfte gehört haben und uns den Rest selbst ausdenken. Wir müssen „schnell zum Hören, langsam zum Reden“ sein (Jak 1:19). Dies gilt vor allem in Bezug auf Gott und das Hören auf sein Wort.

Schlechtes Zuhören bedeutet, dass wir die Person, die etwas sagt, nicht respektieren. Dieser Mangel an Respekt resultiert aus der Beschäftigung mit den eigenen Interessen. Die eigenen Gedanken werden viel höher angesehen als das, was der andere sagt. Die eigene Meinung ist das Einzige, was zählt. Jedem, der auf diese Weise mit dem anderen spricht, wird es „Narrheit und Schande“ sein.

Geisteskraft oder ein zerschlagener Geist

Wer Geisteskraft hat, wer in seinem Denken gesund ist und wer seine Gedanken auf Gott richten kann, hat Frieden in seinem Herzen, auch in seiner Krankheit. Man kann körperlich schwach sein, aber es gut ertragen, wenn „Geisteskraft“ vorhanden ist, die zur Ruhe kommt in dem Weg, den Gott geht. Aber wenn jemand „einen zerschlagenen Geist“ hat, ist die Last dieses Weges oft schwer zu tragen. In diesem Fall kann niemand genau nachempfinden, was im Denken einer solchen Person vorgeht.

Eine Depression ist eine schwere Prüfung. Bei körperlichen Erkrankungen kann man auf den Lebenswillen zurückgreifen, aber in einer Depression ist dieser Wille manchmal verschwunden. Mit wenigen Dingen in der menschlichen Erfahrung ist so schwierig umzugehen wie mit Depressionen. Wir sehen das an dem Leiden, das über Hiob kam. In Anlehnung an den vorherigen Vers können wir sagen, dass wir hier zuerst lernen müssen zuzuhören, bevor wir überhaupt den Anfang einer Antwort auf die Frage formulieren können: „Wer richtet ihn auf?“

Erkenntnis erwerben und suchen

Die „Erkenntnis“, die „das Herz des Verständigen erwirbt“, ist Erkenntnis in Bezug auf Gott und seine Beurteilung aller Dinge. „Das Herz“ bedeutet hier die Gesinnung, das Verlangen. Es ist auch der Ort, wo erworbene Erkenntnis bewahrt wird. Das steht im Vordergrund. Durch „das Ohr“ erlangt das Herz die Erkenntnis. „Das Ohr der Weisen sucht nach Erkenntnis“ weist auf Anstrengung hin, auf die eifrige Suche nach Erkenntnis. Erkenntnis muss gesucht werden, sie kommt nicht einfach angeflogen.

„Das Ohr der Weisen“ hört auf Unterweisung und nimmt so Erkenntnis auf. Das Herz des Verständigen unterscheidet, was das Ohr hören soll, um Erkenntnis zu erwerben. Es ist lehrreich zu sehen, dass der Weise in den Sprüchen ständig auf der Suche nach Erkenntnis ist. Wer weise ist, wird sich immer als Schüler betrachten und sich entsprechend verhalten. Wer viel weiß, ist sich seiner Unwissenheit meistens sehr bewusst. Das Ohr sucht Erkenntnis, das Herz erwirbt Erkenntnis.

Verständig ist, wer zwischen Gut und Böse unterscheiden kann. Weise ist, wer gelernt hat, Gott zu fürchten. Das eine wird zum anderen führen. Der Wunsch, wirklich den Unterschied zwischen Gut und Böse zu erkennen, wird uns zu Gott führen und in uns eine heilige Ehrfurcht vor Ihm bewirken.

Was ein Geschenk bewirken kann

Das Geschenk (mathan), von dem hier die Rede ist, ist nicht dasselbe wie ein Bestechungsgeschenk (shokhad). Das hier verwendete Wort mathan ist allgemeiner als das Wort shokhad (Spr 17:8; 23), das eine negative Bedeutung hat. Im Allgemeinen ist es so, dass ein Geschenk den Weg zum Eingang bei „den Großen“ öffnet. Gleichzeitig sollen wir nicht die Augen vor der Gefahr verschließen, dass die Übergabe eines Geschenks dennoch wie eine Bestechung wirken kann. Sowohl der Geber als auch der Empfänger müssen sich dieser Gefahr bewusst sein.

Der Spruch selbst sagt einfach, dass ein Geschenk jemanden besänftigen kann (1Mo 32:17-20; 1Mo 43:11; 1Sam 25:27). Das Geschenk wird nicht gegeben, um jemandem zu schmeicheln, sondern als Beweis für die gebührende Achtung vor der Stellung, die jemand einnimmt. Es geht um eine angesehene Person. Wer sich dieser Person auf diese Weise nähert, kommt eher mit ihr in Kontakt, aus welchem Grund auch immer, als jemand, der frech nach einem Treffen fragt.

Eine Streitsache und Zwistigkeiten

Die erste Verszeile von Spr 18:17 bestätigt die allgemeine Erfahrung, dass der, der als Erster seine Streitsache darlegen darf, Recht zu haben scheint. Aber bevor wir ihn für „gerecht“ erklären, muss sein Nächster gehört werden und Gelegenheit gegeben werden, seinen Standpunkt zur Streitsache darzulegen. Dieser Spruch erinnert uns daran, dass es zwei Parteien in einer Streitsache gibt – zum Beispiel über etwas geschäftliches, häusliches oder religiöses – und dass beide Parteien in einer Streitsache gehört werden müssen.

Das ist eine weitere Warnung vor vorschnellem Urteilen (Spr 18:13). Zuvor müssen alle Fakten bekannt sein. Wir finden sie nur heraus, wenn wir beide Seiten anhören. Es muss ein gerechtes Verfahren („hören und gehört werden“) geben. Erst nachdem beide Parteien gehört wurden, kann ein gerechtes Urteil folgen: „Und ich gebot euren Richtern in jener Zeit und sprach: Hört die Streitsachen zwischen euren Brüdern und richtet in Gerechtigkeit zwischen einem Mann und seinem Bruder und dem Fremden bei ihm“ (5Mo 1:16). Jeder muss die Möglichkeit bekommen, den Fall aus seiner Sicht darzustellen.

Der Erste kann seine Geschichte sehr überzeugend darlegen, aber wenn der Nächste seine Geschichte erzählt, kann sich die Sache in Teilen als anders erweisen, als wir nach dem ersten Redner dachten. Das sollte in allen Fällen, in denen es Meinungsverschiedenheiten gibt, bedacht werden. Dies kann zum Beispiel in einer Familie zwischen den Kindern, zwischen den Ehepartnern und auch zwischen Geschwistern einer örtlichen Gemeinde der Fall sein.

Spr 18:18 könnte ein Fall sein, bei dem beide Parteien von Spr 18:17 gesprochen haben, aber die Frage, wer Recht hat, nicht geklärt ist. Es ist ein Streit zwischen „Mächtigen“, Menschen, die eine wichtige Stellung einnehmen. Sie können beide ihren Prozess mit Überzeugung verteidigen. Da bleibt dann nur noch das Los übrig, diese Mächtigen zu beschwichtigen, um die Zwistigkeiten zu lösen und einem Recht zu geben.

Wenn beide Parteien anerkennen, dass Gott durch das Los die Zwistigkeiten beendet (Spr 16:33) und das Ergebnis akzeptieren, sind die Zwistigkeiten aus der Welt. Das ist besser als ein Kräftemessen, bei dem andere immer die Opfer sind. Heute haben wir Gottes Wort und Gottes Geist und geistlich gesinnte Gläubige, die eine Rechtssache beurteilen können (1Kor 6:1-8).

Es gibt aber auch Zwistigkeiten, bei denen selbst das Los keine Chance hat, eine Lösung zu bringen. Dies ist der Fall, wenn man an einem Bruder „treulos gehandelt hat“ (Spr 18:19). Diese Treulosigkeit wurde dem Bruder während eines Streits angetan. Da wurde er auf eine Weise behandelt, die ihn so tief verletzte, dass er sich zurückzog und jeden Kontakt verweigerte.

Er „widersteht mehr als eine feste Stadt“. Das bedeutet, dass eine befestigte Stadt leichter zu erobern ist, als sich ihm wieder zu nähern, um das treulose Handeln ungeschehen zu machen. Die Stadt, in die er sich zurückgezogen hat, ist eine Festung. Die Streitigkeiten, die der Treulosigkeit zugrundeliegen, sind „wie der Riegel einer Burg“. Das bedeutet, dass er den Zugang zu seinem Herzen verbarrikadiert hat.

Dieser Spruch ist eine Beobachtung ohne Kommentar. Für uns ist es ein Ansporn, an einem Bruder nicht treulos zu handeln, was ihn zu einer solchen Haltung führen würde. Wenn ein Bruder oder eine Schwester dennoch in eine solche Gesinnung gerät, sollte es nicht bei einer Beobachtung oder Feststellung bleiben. Die Liebe wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um den gekränkten Bruder zu gewinnen und in seiner Beziehung zum Herrn und zu seinen Mitgeschwistern wiederherzustellen.

Die Frucht unserer Worte

Die guten, erbaulichen Worte, die wir mit unserem „Mund“ und unseren „Lippen“ sprechen, geben uns innerliche Genugtuung (Spr 18:20). Sie sind wie der Same einer guten Frucht, der einen guten Ertrag oder eine gute Ernte bringt. Dieser Spruch ist ein Ansporn, den Worten, die wir sprechen, ebenso viel Aufmerksamkeit zu schenken wie den Früchten der Bäume, von denen wir essen. Wenn wir gesunde Früchte essen, bleiben wir gesund; wenn wir ungesunde Früchte essen, werden wir krank. Wenn unsere Worte vorsichtig, gottesfürchtig und gut sind, „in Gnade, mit Salz gewürzt“ (Kol 4:6), um damit anderen zu dienen, werden wir selbst gesättigt. Das gibt Genugtuung und ein gutes Gewissen.

Wir können „sein Inneres“ auch auf das Gewissen anwenden. Um das Innere zu sättigen, das bedeutet, ein gutes Gewissen zu behalten, müssen wir darauf achten, was wir sagen. Neben der direkten Sättigung gibt es auch einen späteren Ertrag oder eine spätere Ernte. Auch wenn wir den „Ertrag“ unserer weisen, vernünftigen, gottesfürchtigen Worte sehen, nämlich die Wirkung, die sie haben, bewirkt das eine tiefe Befriedigung. Es können Worte sein, die wir sprechen, wenn wir Ratschläge geben, aber auch Antworten auf Fragen, die uns gestellt werden.

Spr 18:21 veranschaulicht noch einmal deutlich, wie die Wirkung unserer Worte sein kann. Welche Art von Worten säen wir: für den Tod oder für das Leben? Diese Frage ist besonders wichtig für den, der „sie liebt“, für den, der „die Zunge“ liebt. Es geht um eine falsche Liebe, nämlich um jemanden, der sein vieles Reden genießt. Er wird die Frucht dessen essen, was er sagt. Was er sagt, wird zu ihm zurückkehren. Der Tor sät Worte, die Tod und Zerstörung bringen; der Weise sät Worte, die Leben zur Folge haben. Falsche Lehrer säen Worte mit einem Keim des Todes und der Zerstörung; die Botschafter für Christus verkünden das Leben.

Eine Frau als Beweis für Gottes Wohlgefallen

Wer eine Frau sucht, die zu ihm passt, wird Gott bitten, ihm diese zu geben. Er allein weiß, welche Frau zu welchem Mann passt. Wenn er sie unter seiner Führung findet, hat er „Gutes gefunden“, das ihm zugutekommt und sein Leben bereichert. Das Wort „Gutes“ beschreibt, dass es etwas ist, das Gott gefällt, gut für das Leben ist und Überfluss an Freude gibt.

Wer dieses Gute in der Frau findet, die er gefunden hat, der hat das „Wohlgefallen des HERRN“ erlangt. Es wird ihn mit Dankbarkeit erfüllen, dass Gott so gut zu ihm ist. Gott hat gesagt: „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ (1Mo 2:18). Er hat dafür gesorgt, indem Er dieses Gute gegeben hat.

Der Arme fleht, der Reiche antwortet hart

Die sozialen Umstände, in denen sich eine Person befindet, und die Stellung, die sie in ihnen einnimmt, haben Auswirkungen auf den Charakter einer Person. Armut bewirkt einen demütigen Geist, so dass der Arme um einen Gefallen bittet. Er hat keine andere Wahl, er muss „flehentlich bitten“, um etwas zu bekommen. „Der Reiche antwortet Hartes“, er antwortet mit harten Vorwürfen und Ablehnung. Er war noch nie in einer solchen Situation der Armut und kann sich nicht in die Empfindungen eines Armen hineinversetzen.

Der Arme bettelt, der Reiche fertigt ihn ab. So geschieht es oft. Der Reiche kann überhaupt kein Verständnis für den Armen aufbringen. Reichtum führt oft dazu, dass man unsensibel gegenüber den Bedürfnissen eines Armen ist. Er wird von dem Reichen grob abgeschüttelt, wenn er seine Bedürfnisse schildert (vgl. 1Sam 25:14; 17; Jak 2:6; Mt 18:23-35).

Der Herr Jesus gibt uns ein gutes Beispiel. Er hört auf das Flehen der Armen und antwortet nicht hart, sondern mit Liebe und Mitgefühl.

Viele Freunde und ein Freund

Es ist besser, nur einen guten, treuen Freund als viele unzuverlässige Freunde zu haben. Abgesehen von den Freunden sagt es auch etwas über den Mann aus, der viele Freunde hat. Er scheint jedermanns Freund zu sein. Das ist keine positive, sondern eine negative Eigenschaft. Jemand, der jedermanns Freund ist, hat oft keine eigene Meinung. Er dreht sein Fähnchen fleißig in den Wind, weil er mit jedermann befreundet bleiben will. Es besteht die große Gefahr, dass das schlecht für ihn ausgeht. Wenn es ihm schlecht geht, werden ihn alle fallen lassen. Sie sind Schönwetterfreunde, die kommen, wenn es dir gut geht, und wegbleiben, wenn es dir schlecht geht.

Deshalb müssen wir unsere Freunde mit Bedacht auswählen und in sie investieren. Nicht die Quantität zählt, sondern die Qualität. Ein echter Freund ist jemand, der immer für dich da ist. An ihm hast du manchmal mehr als an deinem eigenen Bruder. David wurde von seinen Brüdern mit Verachtung behandelt, aber von seinem Freund Jonathan mit Treue, auch als er verfolgt wurde und in Schwierigkeiten war. Treue Freundschaft ist mehr als Zuneigung, sie ist Hingabe durch dick und dünn.

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